Virtueller 360° Rundgang durch unsere Falkenauer Heimatstube in Schwandorf

Unser virtueller 360 Grad Rundgang durch unsere Falkenauer Heimatstube in Schwandorf ist fertig gestellt. Aufrufbar unter folgendem Link:
    https://my.matterport.com/show/?m=qZbTBMAmMkL

Alle die uns in Schwandorf nicht mehr besuchen können, haben so die Möglichkeit einen Rundgang durch die Heimatstube zu unternehmen, egal wo sie sich befinden!

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Bericht von Oberregierungsrat Vogl, 1962

Bericht Oberregierungsrat A. Vogl, 1962

Angefügt sind handschriftliche Anmerkungen von Rudolf Götzl

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Die Falkenauer Oberschule

Die Oberschule in Falkenau

 

 

Im Januar 1939 wurde in Falkenau eine Oberschule für Jungen, die auch von Mädchen besucht werden konnte, errichtet.

Die Schule wurde von der Bevölkerung gut angenommen. Es gab so viele Anmeldungen, daß für die ersten beiden Klassen (Sexta und Quinta) Parallel klassen eingerichtet werden mußten.

Da noch kein geeignetes Gebäude zur Verfügung stand, wurden die vier Klassen der neuen Oberschule zunächst in der Schönwerther Schule untergebracht.

Der Lehrkörper war nicht groß. Er bestand Anfangs nur aus fünf Lehrkräften (Direktor Klein, Dr. Pittermann, Dr. Miklos, Lamatasch und Luise Siegel, geborene Lein).

Da die Oberschule noch im Aufbau war, kam jedes Jahr eine neue Klasse, zum Teil mit Parallklassen, hinzu. Im zweiten Schuljahr übersiedelte sie in die ehemalige tschechische Schule. Hier gab es genügend Räumlichkeiten. Auch ein kleiner Turnsaal stand jetzt zur Verfügung.

Mit der Zunahme der Klassenzahl vergrößerte sich auch der Lehrkörper. Er bestand aus einer guten Mischung von älteren, erfahrenen und jungen, strebsamen Lehrkräften. Zwei Fremdsprachen, Latein und Englisch, wurden unter anderem unterrichtet.

Die Schule bestand bis zum Frühjahr 1945. Dann wurde der Unterricht eingestellt und in dem Schulgebäude ein Lazarett eingerichtet.

 

Oberschule

 

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Ein persönliches Portrait über den Bergbau-Ingenieur Anton Stiefl!

Ein kleines Portrait des Ing. Anton Stiefl, Bergbaufachmann und Chronist des Reviers.
Verfasser: Pavel Beran
Zu den hervorragendsten Bergbaufachleuten deutscher Nationalität, wie Ing. Adolf Horner (1891-1979)
Schauer (geb. 1893) und anderen, welche nach 1945 im Falkenauer Revier tätig waren, zählt auch Ing.
Anton Stiefl.
Das Licht der Welt erblickte er am 10. März 1904 in Münchhof Nr. 2 (Krs. Elbogen) als sohn eines Bauern.
Er wuchs in einer Gegend, die durch Kohlebergbau gekennzeichnet war, auf. Nach Beendigung der
Volksschule, hatte er in den Jahren 1915 – 1923 das Realgymnasium in Karlsbad besucht, danach die
Deutsche Technik in Prag und in den Jahren 1925 – 1929 absolvierte er die Hochschule für Bergbau in
-Pribram. Oerjunqe Bergbauingenieur, der neben seiner Muttersprache auch noch die tschechische und
englische Sprache beherrschte, fand zuerst im Januar 1930 bei der Duchcovsko-podrnokelske drahy’fin
Karlsbad eine Tätigkeit, aber gleich darauf im März bot sich eine günstigere Gelegenheit bei Eier Firma
Britannia bei den nordböhmischen Kohlebergbau in Sobedruhy und Probost, wo er als Ingenieur und
Betriebsleiter tätig war.
Nach der Errichtung des Protektorats, führte er ab 1942 in dieser Funktion den Bergbauschacht in Modlan,
Bezirk Aussig, wo er nach späterem Gutachten immer anständig und korrekt zu der Belegschaft war und
die tschecfiiscfien Arbeiter gegen die Willkür der Nazts verteidigte. Damals hat er rlte aus-elberschlesien
stammende Frau Emma (Vor- oder Zuname???) geheiratet und gemeinsam Tochter Angelika großgezogen.
Im Jahre 1942 wurde er Betriebsleiter der kleinen Grube Anton-Eleonora in Zettlitz bei Karlsbad.
(Anmerkung der Tochter: die überstandene Krankheit hat ihn gezwungen kürzer zu treten). Danach, im
Jahre 1944 – 1945 war er wieder in Modlan als Ingenieur bei der Planung.
Er erkrankte noch einmal schwer, musste sich längere Zeit erholen und erst am 15.10.1946 fing er in der
Grube Marie in Königswerth als Bergbauvermessungsingenieur an. Bald wurde er in der gleichen Funktion
auf die Grube Anton in Unterreichenau versetzt und ab 1947 bei der Direktion der HDBS (Direktion für
Gruben) als Beamter für Zukunftsplanung tätig. Als Grubenspezialist durfte er im Revier bleiben und wurde
so nicht in die Abschiebung eingereiht. Er erwarb in Unterreichenau im Jauar 1950 eine Wohnung, später
auch die tschechische Staatsbürgerschaft. Auf Grund seiner guten Arbeit hat ihn die Direktion der Gruben
endlich 1952 in die Funktion des Bergbauingenieurs wieder eingestuft und nutzte seine Erfahrung als
Betriebsleiter bei der Neueröffnung der Grube Littmitz (Lipnice??)(oder heisst die Grube so??)
Am 1.1.1953 wird er Mitarbeiter der Bergbauprojektion in Teplitz mit Standort Falkenau und wirkt mit bei der
Umstellung der Kohlegewinnung vom Tief- auf Tagebau. Im Dezember 1956 kommt er zurück in den
Betrieb Silvester, wo er als Bergbauvermessungsingenieur arbeitet. Mit Rücksicht auf seinen
Gesundheitszustand wird ihm ein Jahr später eine 6 Stunden Arbeitszeit bewilligt. Im Juni 1959 geht er in
den Ruhestand und bezieht als langjähriger Arbeiter die nicht kleine Rente vonm 1.733.- Kcs.
In der zweiten Hälfte der 50er Jahre, wo Ing. Stiefl mehr Zeit zur Verfügung hatte, begann er sich intensiv
für die Historie seines Betriebes zu interessieren und beendete im September 1958 die Abhandlung
„Großtagebau Freundschaft (pra’telstvi) und seine Bergbauvergangenheit“ (35 Seiten), wofür er von der
Betriebsleitung 1000.- Kcs ausgezahlt bekam. Im Jahre 1959 publizierte er diesen Text in der
Betriebszeitschrift „DruZ:ba“. Schon nach dem Eintritt in die Rente hat er im Juni 1960 die Schrift „Theussau
in der historischen Entwicklung vergangener Zeiten (66 Seiten), in der er das Schicksal der Umgebung in
breiten Zusammenhängen schildert, beendet.
Als im gleichen Jahr die Zentralgewerkschaften die Betriebsleitungen und Gewerkschaften der Betriebe
aufgerufen haben, die Geschichte der Betriebe auszuarbeiten, verhandelten 1961 die Vertreter der HDBS
über den Kauf und Publikation der beiden Arbeiten. Sie erbaten eine lektorisehe Beurteilung von Ing. V.
Mracno und Dr. A. Groß. Beide haben hauptsächlich die erste Arbeit, die zweite etwas verlegen,
hauptsächlich wegen ihrer wenig auslegenden Linie, beurteilt. (**) Die Angelegenheit wurde nicht beendet
und so wurden die beiden Arbeiten am 4.12.1961 in die Bibliothek des Betreibsarchivs gegeben.
Nach der Milderung der Situation im Jhre 1966 ist lng. Anton Stiefl mit seiner Familie in die Bundesrepublik
ausgesiedelt, wo er in Nürnberg ein neues Tätigkeitsfeld vorfand. Das historische Interesse am Falkenauer
Revier hat ihn aber weiterhin beschäftigt, und ermutigt durch die neuen Bedingungen, nach vorhergehenden
und vorbereitenden Arbeiten und Studium mit Unterstützung der Freunde wie Dr. Sturm, Dr. Richter und Dr.
Hanke, hat er am 1.9.1970 die „Geschichte des Falkenauer Reviers“ (Die Entwicklung des Kohlebergbaus
im Baraunkohlerevier Falkenau – Elbogen – Karlsbad, Titel des Buches, 151 Seiten) beendet. In der
Einführung behandelt er die Geologie, den Anfang und die Entwicklung des Bergbaues samt der Technik bis
in das Jahr 1968 und gibt eine Vorschau bis 1980. Es handelt sich hier um ein qualitativ sachlich
verarbeitetes Werk, das bis zum heutigen Tag in der tschechischen Fachliteratur kein Gegenstück
hat. Die Arbeit wurde 1973 im Lerche Verlag München vom Collegium Carolinum herausgegeben.
Somit hat in einer freien Umgebung die Vollendung der Arbeit des lng. A. Stiefl stattgefunden. Das erfüllte
Leben des 76-jährigen endet am 4.August 1980 in Lauf bei Nürnberg.
(Der vom Direktor des Bezirksmuseums in Falkenau verfasste Artikel wurde in der Falkenauer
Tageszeitung „Sokolovsky tydenik“ 1994 veröffentlicht. Übersetzung Frau A. Bergmann)

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Die Oberschule in Falkenau

Die Oberschule in Falkenau

Im Januar 1939 wurde in Falkenau eine Oberschule für Jungen, die auch von Mädchen besucht werden konnte, errichtet.

Die Schule wurde von der Bevölkerung gut angenommen. Es gab so viele Anmeldungen, daß für die ersten beiden Klassen (Sexta und Quinta) Parallel klassen eingerichtet werden mußten.

Da noch kein geeignetes Gebäude zur Verfügung stand, wurden die vier Klassen der neuen Oberschule zunächst in der Schönwerther Schule untergebracht.

Der Lehrkörper war nicht groß. Er bestand Anfangs nur aus fünf Lehrkräften (Direktor Klein, Dr. Pittermann, Dr. Miklos, Lamatasch und Luise Siegel, geborene Lein).

Da die Oberschule noch im Aufbau war, kam jedes Jahr eine neue Klasse, zum Teil mit Parallklassen, hinzu. Im zweiten Schuljahr übersiedelte sie in die ehemalige tschechische Schule. Hier gab es genügend Räumlichkeiten. Auch ein kleiner Turnsaal stand jetzt zur Verfügung.

Mit der Zunahme der Klassenzahl vergrößerte sich auch der Lehrkörper. Er bestand aus einer guten Mischung von älteren, erfahrenen und jungen, strebsamen Lehrkräften. Zwei Fremdsprachen, Latein und Englisch, wurden unter anderem unterrichtet.

Die Schule bestand bis zum Frühjahr 1945. Dann wurde der Unterricht eingestellt und in dem Schulgebäude ein Lazarett eingerichtet.

 

 

 

 

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Bergbau nach 1945

DER KOHLENBERGBAU NACH 1945 im Falkenauer Revier!

 

Der Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird auch für den Falkenauer Raum durch die umwälzenden Veränderungen als Folgen des verlorenen Zweiten Weltkrieges markiert. Am 8. Mai 1945 erfolgte die bedingungs- ose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht. In Falkenau selbst waren die Amerikaner einmarschiert, bei Huthäuser, nördlich der Stadt, hatten die Russen einen Schlagbaum errichtet, und die Tschechen übernahmen nun die Macht. Für die Falkenauer begann die Vertreibung aus ihrer Heimat.

Auch im Kohlenbergbau brachte die neue politische Situation große Veränderungen: Durch die Verstaatlichung kam es zu einem Zusammenschluß des zersplitterten Grubenbesitzes und zur Bildung eines einheitlich geleiteten Reviers. Für die verstaatlichten Bergbaugesellschaften bestellte man Nationalverwalter. Bis Mitte 1946 wurden alle Betriebe zu den »Falkenauer Braunkohlenwerken« (FHD) zusammengeschlossen. Anfangs wurde der Bergbau in der bisherigen Weise weiterbetrieben.

Die Jahresförderung im Revier hatte 1943 mit 5606000 Tonnen ihren höchsten Stand erreicht und war 1945 auf 3340000 Tonnen abgefallen. Noch herrschte im Revier der Tiefbau vor: 1946 gab es noch 25 Tiefbaugruben, außerdem acht kleinere und mittlere Tagebaue. 54 Prozent der Förderung stammt aus den Tiefbaugruben, 46 Prozent aus den Tagebauen. Bei der Aussiedlung der Deutschen wurden Bergleute in besonderem Maße zurückbehalten, vor allem Grubenarbeiter, Steiger, Markscheider etc.; nur wenige verblieben in gehobenen Stellungen. Aus dem Landesinneren und als Reemigranten strömten neue Arbeitskräfte ins Revier. Zusammen mit den zurückbehaltenen deutschen Arbeitern stieg die Förderziffer wieder an: Im Jahre 1946 betrug die Gesamtförderung 4702000 Tonnen und 1947 dann 5068000 Tonnen.

Der Bergbau konzentrierte sich jetzt auf die Ausbeutung der Kohle aus dem jüngsten und obersten Flöz, dem Antoniflöz, in Großtagebauen. Demgegenüber verschwindet der Tiefbau in den folgenden Jahren fast vollkommen. Die geringe Bergbautätigkeit auf Reste der Kohle aus den unteren Flözen wird ebenfalls eingestellt.

Die Kohle aus dem Antoniflöz hat einen hohen Wassergehalt von fast 40 Prozent und zwingt zu einer Nutzung an Ort und Stelle.

Es entstehen im Revier als neue Organisationsform zwei Braunkohlenkombinate:

Das »1. Kombinat« (Tisovd/Theussau): Es wurde an der Stelle der früheren Ortschaft Theussau bei Falkenau errichtet. Das Kombinat umfaßt eine Zentralsortierung mit einer Kapazität von etwa sieben Millionen Tonnen Kohle im Jahr und ein angeschlossenes Großkraftwerk von 512 Megawatt Leistung sowie eine Brikettfabrik mit einer Jahresleistung von 550000 Tonnen.

Das 2. Kombinat« (Vresová/Doglasgrün): Dieses Kombinat wurde östlich von Falkenau an der Stelle der früheren Ortschaft Doglasgrün errichtet, es wurde hauptsächlich für Druckvergasung der Kohle und für Briketterzeugung geplant.

Die Grenze zwischen beiden Kombinaten ist die Lanzer Straße von Falkenau nach Norden gegen Lanz.

An das »1. Kombinat Tisova«, westlich von Falkenau, sind die Großtagebaue »Silvester«, „Medardi“ und die Tagebaue „Gustav“ und „Liebig“ angeschlossen. Letztere beide sind unter dem Namen »Nationalunternehmen Dukla« in einer Betriebsdirektion zusammengefaßt.

 

Das »2. Kombinat Vresová« erhält seine Kohle . aus dem Großtagebau »Georg« (Jiri).

Die Großtagebaue haben die Landschaft um Falkenau vollkommen verändert und umgestaltet. Die Ortschaften Haselbach, das alte Haberspirk, Maierhöfen, Buckwa, Dorf Lauterbach und Theussau sind gänzlich verschwunden. Mit der Errichtung des Großtagebaues »Georg« wurden Orte wie Huthäuser, Littmitz, Albernhof und andere beseitigt oder abgetragen, wie zum Beispiel Doglasgrün, zum Teil auch Braunsdorf und Stelzengrün.

Am 25. Februar 1948 übernahm die Kommunistische Partei die Führung des Staates. Auf den Betrieben wurden Arbeitsdirektoren eingesetzt, und planwirtschaftliche Formen nach sowjetischem Muster erlangten bald immer mehr Geltung. Der Bergbau im Falkenauer Raum wurde von „Falknovske hnedouhelné doly“ (FHD) in „Hnedoulhelné doly a briketárny Sokolov“.(HDBS) abgeändert, das heißt »Braunkohlenwerke und Brikettfabriken Falkenau«.

Im Jahre 1953, am Ende des ersten Fünfjahresplanes, war die Gesamtrevierförderung auf 7902856 Tonnen gestiegen. Um eine weitere Steigerung der Kohlenförderung zu erreichen, wurde nach sowjetischem Vorbild eine gesamtstaatliche Organisation, die »Staatsanstalt zur Projektierung und Errichtung von Kohlenwerken«, kurz »Montanprojekt« genannt, gegründet.

Die nachstehende Tabelle nach Stiefl (1973, Seite 136) gibt abschließend eine Übersicht über die Entwicklung der Kohlenförderung im Revier . vom 19. zum 20. Jahrhundert:

 

im        geförderte       Beschäftigte   Tonnen pro

Jahr     Tonnen            im Bergbau     Beschäftigten

 

1819    10445              206                  50

1870    279000            1720                160

1880    635000            2727                230

1890    1509000          4772                316

1937    3351000          4115                815

1955    9724000          8532                1140

1966  17645000         12250              1140

 

Mit der Fördermenge von 17,6 Millionen Tonnen Kohle im Jahre 1966 stand das Falkenauer Revier nach dem Brüxer Revier mit 46,5 Millionen Tonnen und dem Ostrauer Revier mit 21,7 Millionen Tonnen an dritter Stelle der Kohlenförderung der CSSR.

 

 

 

 

Anzahl der Schachtanlagen im Falkenauer Braunkohlenrevier vom 18. bis zum 20. Jahrhundert.

Anzahl der Schachtanlagen im Falkenauer Braunkohlenrevier (nach: Vedecke informace, Seite 7):

 

Falkenau:        Tiefbau-Gruben                                 297

Tagebau-Gruben                                  55

Stollen                                                  11

 

Gesamtzahl der Schachtanlagen       363

 

Die Kohlenförderung im Falkenauer Braunkohlenrevier in den Jahren 1860 bis 1971 (nach: Vedecke informace, Priloha 1., Seite 11):

 

Jahr     Tonnen            Jahr     Tonnen

1860    102625            1920    4440504

1870    278971            1930    3526495

1880    635139            1940    4569831

1890  1508826           1950    5881983

1900  2622559           1960    14228121

1910  3632187           1970    19514812

 

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Bergbau von 1900-1945

DER KOHLENBERGBAU; VON 1900-1945

 

DIE ZEIT DER BERGBAU- GESELLSCHAFTEN

Schon im vorigen Jahrhundert hatte sich ein Trend zu einer horizontalen Konzentration der Bergbaubetriebe abgezeichnet. Für die Durchführung größerer Arbeiten, wie zum Beispiel der Egerregulierung, der Errichtung moderner Bergwerksanlagen oder der Bildung größerer Grubenkomplexe, waren Bankkapital und die finanziellen Mittel von Aktiengesellschaften notwendig.

In der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts herrschte der Tiefbau noch vor. Doch kommt es zu einer Verschiebung des Anteils der verschiedenen Flöze an der Kohlenförderung. Das Josefiflöz und das Agnesflöz waren schon ziemlich ausgekohlt; außerdem war der weitere Abbau der Josefikohle aus dem Beckentiefsten wegen Gefährdung der Karlsbader Thermalquellen gesperrt. Dadurch mußte man notgedrungen zu einer stärkeren Förderung der Kohle aus dem obersten Flöz, dem Antoniflöz, übergehen.

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand auch die Elektrizität Eingang in den Bergbau, zuerst für Beleuchtungszwecke. 1907 wurden in Reichenau, 1909 in Neusattl die ersten Dampfturbinen aufgestellt, um den Bedarf an elektrischem Strom zu decken. Diese beiden Werke entwickelten sich zu Überlandzentralen. Auch der Kohlenbergbau selbst wurde im Laufe der Zeit elektrifiziert.

Die Gesamtrevierförderung betrug im Jahre 1900 etwa 2,5 Millionen Tonnen im Jahr und stieg bis 1913 auf 4 Millionen Tonnen jährlich. Später zeigten sich in den Förderziffern starke Schwankungen infolge der Weltkriege, der Arbeitslosigkeit vor dem Zweiten Weltkrieg und konjunkturbedingten Schwankungen. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurden viele Bergleute zum Militärdienst eingezogen und die Revierförderung fiel auf 3,5 Millionen Tonnen jährlich, später stieg sie wieder auf 4 Millionen Tonnen und sank mit der Auflösung der österreichisch-ungarischen Monarchie wieder auf 3,5 Millionen Tonnen. Danach stieg die Förderung wieder an und sank in der Wirtschaftskrise vor dem Zweiten Weltkrieg auf 3 Millionen Tonnen. Ab 1938 kam es wieder zu einem Anstieg der Produktion, die bis 1944 auf 5,5 Millionen Tonnen kletterte. Die Konzentration des Grubenbesitzes nahm ständig zu. 1895 waren es noch 53 Unternehmen im Revier, 1912 noch 35 und 1945 noch 14 Bergwerksbesitzer. Nachdem Zweiten Weltkrieg, 1950, war nur noch der Staat als Unternehmer übriggeblieben. In der Zeit von 1900 bis 1945 war das Falkenauer Revier in seiner Entwicklung gegenüber dem mitteldeutschen Revier stark zurückgeblieben. Die Umstellung auf einen Großtagebaubetrieb wie in Mitteldeutschland war in dieser Zeit nicht möglich, sie erfolgte erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Für die Verarbeitung der Kohle waren von. 1900 bis 1950 fünf Brikettfabriken in Betrieb, die täglich 1000 Tonnen Briketts erzeugten. Auch die Elektrizitätswerke verbrauchten zunehmend mehr Kohle. Es waren die E-Werke in Unterreichenau und Neusattl und als größtes das E-Werk der chemischen Fabrik (im Volksmund »Chemische«) in Falkenau. Dieses E-Werk verwendete die minderwertige Staub- und Klarkohle vom »Georgschacht«.

Im Zeitraum von 1900 bis 1945 beherrschten folgende Unternehmen das Revier:

 

 

1. Die »Montan- und Industrialwerke vormals J. D. Starck AG«.

2. Die »Dux-Bodenbacher Eisenbahngesellschaft AG«.

3. Die »Britannia Kohlenwerke AG«. 4. Die »Zieditz-Haberspirker Braun- und Glanzkohlengewerkschaft« .

5. Die »Falkenauer (Lanzer) Kohlengewerkschaft« des Chemischen Vereins.

 

Andere Gewerkschaften wie die »Bodener Kohlengewerkschaft AG«, die »Falkenau-Egerer Bergbaugesellschaft«, die »Fischerzeche« (»Dionys-Laurenzigewerkschaft«) sowie die »Mathias- und Mariahilfswerke AG« verschmolzen während dieses Zeitraumes mit den „Montan- und Industrialwerken“ durch Zusammenfassung des Aktienbesitzes zu einem Konzern. Der Besitz der »Falkenau-Grassether Kohlengewerkschaft« wiederum kam mit Beginn des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1940 zu den »Britannia-Kohlenwerken«.

Die »Montan- und Industrialwerke vormals. D. Starck AG«: Dieser Betrieb war von Johann David Starck gegründet worden und wurde dann von seinem Sohn Johann Anton Edler von Starck weitergeführt. Nach dessen Tod wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die »Montan- und Industrialwerke vormals J. D. Starck«.

 

Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts kamen die Bergbaubetriebe in Unterreichenau durch vermehrte zusitzende Grubenwässer im Überschwemmungsgebiet der Eger in große Schwierigkeiten. Eine notwendige Egerregulierung auf der Strecke Theussau-Königswerth konnte erst 1902 bis 1905 durchgeführt werden, nach dem Tod des damaligen Hauptaktionärs der Montanwerke, A. Schobloch (gestorben 1900), und nachdem eine andere Finanzgruppe die Werke übernommen hatte.

Weitere Schwierigkeiten verursachten Überschwemmungen der Eger und Wassereinbrüche in die Schächte. Während des Zweiten Weltkrieges legte man deshalb zwischen den Orten Zieditz und Falkenau ein Reservebett der Eger an. Endgültig konnte die Hochwassergefahr erst in neuerer Zeit gebannt werden, als man an der Wondreb bei Gaßnitz und an der Eger oberhalb der Stadt Staubecken für das Großkraftwerk Theussau errichtete.

Im Laufe der Entwicklung verlagerte sich der Schwerpunkt der Bergbautätigkeit iinmer mehr in den Falkenauer Raum. Hier kam es mit der Ausweitung des Aktienbesitzes der Petschek- Gruppe (Prag) zu weiteren Angliederungen von Bergbaugewerkschaften an die »Montanwerke«, und es entstand ein Konzern unter einheitlicher Leitung. Im Zeitraum von 1900 bis 1945 waren die „Montanwerke« das größte Bergbauunternehmen im Revier. Der Verwaltungssitz der Firma, das ehemalige Starcksche Schloß in Unterreichenau, blieb deshalb auch nach 1945 der Sitz der Leitung für den gesamten Kohlenbergbau.

Die »Dux-Bodenbacher Eisenbahn AG«: als Bergbauunternehmung: Im Jahre 1892 wurden die von der „Dux-Bodenbacher Eisenbahn AG« betriebenen Eisenbahnunternehmen vom Staat eingelöst und die Gesellschaft erwarb daraufhin Gruben und Bergbaubesitz im Brüxer und Falkenauer Revier. Im Falkenauer Revier kaufte die Gesellschaft 1898 den vom „Wiener Bankverein« gemeinsam mit der“ Württembergischen Bankanstalt« und der „Dresdner Bank« erworbenen Grubenbesitz. Die Vorbesitzer dieses Grubenmaßenkomplexes waren: die Herren Moses und Gustav Porges Edle von Portheim, die „Bergbaugesellschaft Saxonia«, die „Bergbau- und Industrie AG Falkonia« (bis 1873), der „Wiener Kohlenindustrieverein« (1873 bis 1889), „Vlad. Vondracek und Co.« (1889 bis 1898), der „Wiener Bankverein«, die“ Württembergische Bankanstalt« und die „Dresdner Bank« Januar bis Oktober 1898).

Im Jahre 1909 erwarb die „Dux-Bodenbacher Eisenbahn AG« auch den Bergwerksbesitz der Firma „Springer und Co.« in Elbogen mit dem „Helenenschacht«. Im Karlsbader Gebiet wurde 1914 auch der gesamte Bergwerksbesitz der »Frisch-Glück-Zeche« in Sodau (1903 bis 1913 in Betrieb) angekauft. Die »Dux-Bodenbacher Eisenbahn AG« war nach ihrer Fördermenge im Zeitraum von 1900 bis 1945 die zweitgrößte Gesellschaft im Revier. Vergleichsweise förderten 1929 die »Montanwerke« 730000 Tonnen jährlich, die »Dux-Bodenbacher Eisenbahn AG« 589000 Tonnen im Jahr.

Nach dem Anschluß des Sudetengebietes an das Deutsche Reich im Jahre 1938 wurde der Besitz der »Dux-Bodenbacher Eisenbahn AG« im Brüxer Revier in die »Sudetenländische Bergbau AG« eingegliedert. Die Betriebe im Falkenauer Revier wurden unter der alten Firmenbezeichnung bis Kriegsende weitergeführt. Der Sitz der Verwaltung war seit 1916 in Karlsbad im »Haus Romania«.

Die »Britannia-Kohlenwerke AG«: Diese Gesellschaft hatte einen umfangreichen Bergbaubesitz im Teplitzer, Brüxer und Falkenauer Gebiet und geht auf eine englische Gründung und englisches Kapital zurück.. Schon im Jahre 1867 hatten die beiden Engländer Sir George Griffith und Mr. Leader durch ihren Schichtmeister Johann Tott Grubenmaße erworben. 1872 verkauften die Engländer ihre Grubenmaße an eine aus Belgiern , bestehende Gewerkschaft, die »societe anonyme de Charbonnage de Boheme«. Diese Gesellschaft geriet jedoch bald in Zahlungsschwierigkeiten und Lord Griffith übernahm das Grubenfeld I wieder. Im Jahre 1890 wurde dann die »Britannia Gewerkschaft Falkenau an der Eger« gegründet. 1892 übernahm die »Britannia« das »Laurenzi.Grubenfeld«, das 1859 an Laurenz Hutschenreuther aus Selb in Bayern verliehen worden war, ferner 1893 das Grubenfeld der alten »Skt. Margarethenzeche« im Blinden Graben bei Königswerth, welches ab 1871 Graf Limburg-Styrum in Besitz hatte. Außerdem erwarb die »Britannia« 1896 die » Wilhelminengrubenmaße« von Kurt Kästner und auch noch andere Teile.

Im Jahre 1929 betrug die Förderung der »Britannia-Kohlenwerke« 360000 Tonnen jährlich. Ab 1918 gehörte auch der Tagebau »Bohemia« zu der » Vereinigten Britannia-Kohlenwerke AG«. Im Jahre 1909 hatten drei Holländer von Berginspektor Ing. Anton Frieser bei der Stadt Falkenau Grubenmaße erworben und die » Braun- kohlenbergbaugesellschaft Bohemia« gegründet. Die Förderung begann 1912, im Jahre 1948 war dieser Tagebau ausgekohlt. Die Leitung der »Britannia Kohlenwerke« lag seit Bestehen der Gesellschaft in den Händen der Familie Seebohm. 1864 hatte Direktor Bernhard Seebohm senior die Leitung der »Britannia-Werke« in Mariaschein bei Teplitz übernommen. Auf ihn folgte ab 1907 sein Sohn, Bergingenieur Bernhard Seebohm junior. Er fiel 1915 im Ersten Weltkrieg. Daraufhin übernahm Bergassessor Kurt Seebohm die Leitung, der seinen Wohnsitz in Königswerth bei Falkenau hatte. Er führte das Unternehmen bis 1945. Kurt Seebohm war der Vater des Bergassessors a. D. Dr.-Ing. Hans Christoph Seebohm, der viele Jahre hindurch Bundesverkehrsminister und Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft in der Bundesrepublik Deutschland war.

Die »Britannia-Kohlenwerke« hatten mustergültige soziale Einrichtungen ins Leben gerufen. Auf den Werken des Unternehmens arbeiteten schon ganze Bergmannsgenerationen. Bereits 1893 wurden zur Versorgung der Arbeiter mit billigen Lebensmitteln Werkskonsumvereine gegründet, seit 1890 wurden in Falkenau Arbeiterkindergärten unterhaJten; ferner bestanden Handarbeits- und Abendschulen für Mädchen und es gab Arbeitersparkassen und Werkswohnungen. In der Zeit der Absatzkrise vor dem Zweiten Weltkrieg wurde besondere Vorsorge getroffen, um Entlassungen der Arbeiter zu vermeiden. Durch all diese Maßnahmen entwickelte sich auf den Schächten der »Britannia« ein besonderes Gemeinschaftsgefühl der Beschäftigten zu ihrem Werk und auch zur Familie Seebohm, die den Betrieb durch 80 Jahre geführt hatte.

Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde der Großteil der Aktien der Gesellschaft, welche den Engländern gehörten, an J. Petschek in Aussig verkauft. Nach dem Anschluß im Jahre 1938 kam der Besitz der »Britannia AG« im Teplitzer und Brüxer Gebiet an die »Sudetenländische Bergbau AG« in Brüx. Die Werke im Falkenauer Revier wurden unter der Leitung des Generaldirektors Kurt Seebohm bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges selbständig weitergeführt. 1942 wurde der Name „Britannia-Kohlen- werke« in »Egerländer Bergbau AG Königswerth bei Falkenau« umgeändert und gleichzeitig der Nachbarschacht; die „Friedrich-Anna- Zeche« in Grasseth (im Volksmund »Grafenschacht«), mit in den Besitz der Gesellschaft übernommen. Nach der Wiedererrichtung der Tschechoslowakischen Republik im Jahre 1945 wurde am 4. Juli 1945 auch in diesem Unternehmen eine Nationalverwaltung eingeführt (Dr.- Ing. Lasek) und die Familie Seebohm mußte das Land verlassen. Am 1. Oktober 1945 wurden die Werke in die »Falkenauer Braunkohlenschächte« (FHD) eingegliedert. 20 Jahre später, im Jahre 1965, waren die »Marienschächte« die einzige Tiefbauanlage im Revier, sonst wurden nur noch Tagebaue betrieben.

Die »Zieditz-Haberspirker Braun- und Glanz- kohlengewerksc;haft«: Die „Zieditz-Haberspirker Gewerkschaft (ZHG)«, später »Zieditz-Haberspirker Braun- und Glanzkohlengewerkschaft« genannt, nahm seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Stellung im Falkenauer Revier ein. Das Grubenfeld dieser Gewerkschaft erstreckte sich hauptsächlich zwischen den Orten Zieditz und Haberspirk im Westen des Falkenauer Reviers.

Begründer und Vorläufer der »Zieditz-Haberspirker Gewerkschaft« war G. Budiner, der seit 1850 Verleihungen auf Grubenmaßen besaß und 1873 die Gewerkschaft gegründet hatte. Der Bergbau und die Förderziffer der »ZHG« ran- gierten im Falkenauer Revier an dritter Stelle, nach den »Montanwerken J. D. Starck« und der  »Dux-Bodenbacher Eisenbahn AG«. Das Verwaltungsgebäude der Gesellschaft befand sich neben dem Zieditzer Bahnhof. Bis 1938 hatte die Leitung der Werke Direktor Gold. Nach dem Anschluß der Sudetengebiete an das Deutsche Reich und der Arisierung des jüdischen Aktienkapitals wurde die »Zieditz-Haberspirker AG« an die „Sudetenländische Bergbau AG« in Brüx angeschlossen und als »Inspektion Falkenau« selbständig verwaltet. Nach 1945 wurde sie dem Nationalunternehmen »Falkenauer Kohlenbergbau« eingegliedert.

Die »Falkenauer Bergbau AG« -»Geargschacht« der »Chemischen Werke Aussig-Falkenau«: Das Grubenfeld der »Falkenauer Bergbau AG« lag nördlich der Stadt Falkenau bei Lanz und war vor 1870 von Aron Reichl erschlossen worden, welcher diesen als »Judenwerk« bezeichneten Bergbau bis 1886 betrieb. Dann wurden diese Grubenfelder von Ferdinand Kästner aus Sachsen erworben, der sie mit seinen übrigen Grubenmaßen vereinigte und bis 1892 als »Kästnerzeche« betrieb. Im Jahre 1916 wurden die Grubenfelder von der »Falkenauer Kohlenbergbau AG« aufgekauft und 1918 der Bergbau wieder eröffnet. Daraus entwickelte sich dann 1918 der „,Georgschacht«, ein modernes Braunkohlenwerk. Der »Georgschacht« war die einzige Anlage, die in der Mitte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts errichtet worden war.

Das Grubenfeld des »Georgschachtes« und des benachbarten Britannia-Grubenfeldes der »Marienschächte« in einer Gesamtausdehnung von fünf Kilometer Länge und drei Kilometer Breite, mit einem Vorrat von 400 Millionen Tonnen Kohle, wurde mit dem Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts für einen künftigen Großtagebau „Georg“ vorgesehen. Der alte »Georgschacht« wurde jedoch erst 1967 stillgelegt.

 

 

 

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Kohlebergbau 1850-1900

 

DIE ENTWICKLUNG DES KOHLENBERGBAUES IN DER ZEIT VON 1850-1900

 

Ab 1850 ist im Revier eine Zunahme von Schürf- und Haspelbetrieben zu verzeichnen. Für den weiteren Aufschwung des Kohlenbergbaues sind jedoch vor allem zwei neue Faktoren verantwortlich: der Bau der Eisenbahn (Inbetriebnahme 1870) und die Verwendung der Dampfkraft auch zur Kohlenförderung.

Im Jahre 1851 wurde die österreichische Staatsbahn von Wien nach Prag und weiter bis Bodenbach geführt. Anfangs wurden die Lokomotiven noch mit Holz geheizt, die Verwendung der Braunkohlenfeuerung konnte sich nur zögernd durchsetzen. Das Falkenauer Revier wurde durch die Eisenbahn erst 1870 erschlossen, als die Bahnlinien Karlsbad-Eger und Prag-Komotau-Eger in Betrieb genommen wurden. Die Einbeziehung des Reviers in das Eisenbahnnetz erschloß größere Absatzgebiete und machte sich in zahlreichen neuen Verleihungen auf Braun- kohle bemerkbar.

Ab 1865 wurden einzelne Dampfhaspeln bei der Förderung eingesetzt. Die Fördermenge betrug im ganzen Revier 100000 Tonnen und steigt nun ständig an, man kann deshalb das Jahr 1860 als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer Kohlenindustrie betrachten.

Durch die Einbeziehung des Reviers von Falkenau bis Karlsbad in das Eisenbahnnetz kommt es auf der Basis der Kohle zu einer Industrialisierung dieses Raumes und die Kohle erlangt nun als billiges Brennmaterial, zur Feuerung und als Energieträger eine grundlegende Bedeutung.

Der weitere Entwicklungsprozeß im Kohlenbergbau kann durch die nachstehenden Punkte charakterisiert werden:

 

  1. Die Jahresförderung im Revier steigt von 100000 Tonnen im Jahre 1860 dauernd an und erreicht 1960

15 Millionen Tonnen jährlich.

 

  1. Die ursprünglich ganz kleinen Grubenfelder werden durch Kauf und Fusionierungen zu immer größeren

Komplexen zusammengeschlossen, dadurch entstehen immer größere und lei- stungsfähigere Betriebe.

 

  1. Die Gewinnung der Kohle bewegt sich von den seichten Lagen und Randgebieten der Kohlenflöze

fortschreitend zu tieferen Lagen hin, die Kohlengewinung von der älteren wertvollsten Glanzkohle aus

dem Josefi- und Agnesflöz zum mächtigeren Antoniflöz mit der jüngeren, stark wasserhaltigen Kohle;

der Heizwert der geforderten Kohle geht von etwa 6000 WE bis auf ~ 3000 WE, bei steigender

Verwendungsmöglichkeit der Kohle, zurück. Dies bedeutet zuerst den Abbau der unteren hochwertigen

Kohle im Tiefbaubetrieb und erst später den Übergang zum Abbau der oberen, schlechteren Kohle in

großen Tagebauen.

  1. Das Ausbringen der Kohle steigerte sich von kaum 20 Prozent zu Beginn des vorigen Jahrhunderts auf     nahezu 100 Prozent beim modernen Tagebau der heutigen Zeit. Mit der ständig steigenden Fördermenge                steigt auch das Fassungsvermögen der Fördergefäße von ursprünglich 100 Kilogramm auf eine Tonne im  Tiefbau und weiter bis auf 50 Tonnen pro Wagen im heutigen Tagebau.
  2. Die Zahl der Beschäftigten steigt mit dem Anwachsen der Förderung zuerst stärker an, später nimmt sie                 wegen der steigenden maschinellen Förderung weniger zu. Die Förderleistung pro Mann und Schicht steigert  sich im Tiefbau von einer Tonne bis auf fünf Tonnen und im Tagebau auf zehn Tonnen pro Mann und Schicht.

 

 

Kehren wir in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück und verfolgen wir die weitere Entwicklung: Beim Bau des Erbstollens in Unterreichenau war das obere Flöz ( = Antoniflöz) entdeckt worden. Um 1850 begann man mit dem Tagebau beim heutigen Unterreichenauer Elektrizitätswerk. Später wurde auch westlich der Staatsstraße das Antoniflöz abgebaut. Für die Verwendung der Agneskohle baute man 1853 eine Glashütte in Unterreichenau. Die erste maschinelle Schachtförderung wurde 1866 in Reichenau eingerichtet. Als 1870 die Eisenbahnlinie fertiggestellt war , ließ Starck sogleich vom Zieditzer Bahnhof nach Reichenau eine zwei Kilometer lange Flügelbahn bauen. Dadurch stieg in den Starckschen Betrieben die Fördermenge von 37082 Tonnen im Jahre 1871 auf 116176 Tonnen im Jahre 1875. 1876 verlegte man den Sitz der Verwaltung der Starckschen Betriebe von Altsattl nach Reichenau. 1885 wurde nach dem Tod Johann Antons von Starck (1883) eine Aktiengesellschaft gegründet, die »Montan- und Industrialwerke vormals Johann David Starck«. ImJahre 1873, nach dem Bahnbau, wurden die chemischen Betriebe der Firma Johann David Starck in Davidsthal bei Zwodau eingestellt.

1872 wurde von Falkenau eine 2,3 Kilometer lange Flügelbahn zu den Kohlengruben bei Davidsthal erstellt, die bis dahin fast nur den Eigenbedarf der dortigen Starckschen Betriebe gedeckt hatten. Im Jahre 1885 begann man am Haselbacher Berg mit der Errichtung der sogenannten »Haselbacher Anlage«; der Haselbacher Berg wurde dann 1960 abgebaggert.

Neben der ältesten und größten Firma im Revier, nämlich »Johann David Starck«, trieben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch andere Firmen Bergbau. Von diesen sind zu nennen:

 

1. Die »Radlersche Bergbaugesellschah« in Unterreichenau: begründet von Josef Radler, Bauer aus Unterreichenau, der schon 1820 Grubenma-ße erworben hatte. Um 1910 wurde der gesamte Radlersche Besitz von den »Montan- und Industrialwerken Johann David Starck« (kurz »Montan« genannt) aufgekauft.

 

2. Die »Kernsche Gewerkschaft« in Unterreichenau: dieser Grubenbesitz kam später ebenflls zur »Montan«.

 

3. Das »Friedl-Werk« und die Bergbaue des Josef Friedl in Unterreichenau.

 

4. Die »Fischer-Zeche« bei Zieditz: 1865 von dem Bauern und Mühlenbesitzer Ferdinand Fischer aus Zieditz erschlossen. 1875 wurde dieser Grubenbesitz an Karl Wilhelm Weinkauff verkauft. Bis 1929 lief der Betrieb unter dem Namen »Fischerzechen Glanzkohlen.Gewerkschaft«, danach wurde dieser Besitz der »Montan« eingeglie- dert.

5. G. Budiner, Bergwerksbesitzer der »Jacobi- Vinzenzi-Gewerkschaft« in Zieditz: Budiners Bergbaubesitz ging später in die »Zieditz-Haberspirker Braun- und Glanzkohlengewerkschaft« über. Sie gehörte zu den größeren Ge- werkschaften, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Falkenauer Revier beherrschten.

 

6. Die »Bodener Kohlengewerkschaft« in Boden: Der zerstreute Grubenbesitz zwischen Haberspirk und Boden war 1858 bzw. 1860 von der Familie Fikentscher zusammengefaßt worden. 1869 bildete sich daraus die »Bodener Kohlengewerkschaft«. 1872 wurde dann dieser Besitz von der Anglo-Österreichischen Bank übernommen.

 

7. Das Mineralwerk »Prokopi« in Kahr: 1832 durch Jakob Gebler errichtet. Das Werk wurde 1840 von J.osef Hochberger gekauft und kam 1872 an die Anglo-Österreichische Bank und 1877 an die Firma Starck. .

 

8. Das Mineralwerk »Apollinare« in Boden: 1847 erhielt Christoph Kraus die Konzession zum Betrieb dieses Mineralwerkes, es kam 1877 ebenfalls in den Besitz der Firma Starck.

 

9. Das Mineralwerk »Peter und Paul« in Haberspirk: es wurde 1827 bzw. 1830 von der »Gossengrüner Gewerkschaft« errichtet, 1840 wurde es von der Firma Starck übernommen.

 

10. Das »Peterwerk« in Zwodau: Dieser Tief- und Tagebau entstand aus den Grubenmaßen, die 1842 Mathes Peter von der Veitmühle in Zwodau erworben hatte. Im Jahre 1900 wurde dieser Grubenbesitz von der »Reichenauer Kohlengewerkschaft« aufgekauft, 1920 dann von der »Mariahilf- und Mathias-Kohlenwerksaktiengesellschaft«.

 

11. Das „Judenwerk« in Lanz: 1870 von Aron Reichl aus Falkenau erschlossen. Aus diesem Be- trieb entwickelte sich die „Kästnerzeche“ und später der „Georgschacht“.

 

12. Die „Laurenzizeche“ bei Königswerth: Gegründet von Laurenz Hutschenreuther aus Selb.

 

Ab 1871 wurde die dort geförderte Kohle in die Porzellanfabrik nach Selb transportiert. 1891 gingen diese Grubenmaße in den großen Grubenkomplex der „Britannia-Kohlenwerke« über. Der Schwerpunkt des Kohlenbergbaues im östlichen Revier lag im Elbogener Raum, hauptsächlich bei Grünlas, Neusatt!, Granesau, Cho- dau, Münchhof. Der Abbau der Kohle zielte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem auf die hochwertigere ältere Kohle. Im Falkenauer Gebiet war dies die gasreiche Agneskohle aus dem Agnesflöz, im Elbogener Gebiet war es die Kohle des Josefiflözes. Die jüngere Kohle des Antoniflözes wurde kaum gewonnen. Im Falkenauer Gebiet waren gegen Ende des 19. Jahrhunderts von 68 Untersuchungen auf Braunkohle 24 in Betrieb, die mit 3182 Arbeitern 1172000 Tonnen Braunkohle förderten. Die „Montan- und Industrialwerke vormals Johann David Starck“ förderten allein 360000 Tonnen pro Jahr.

Im Elbogener Gebiet waren insgesami 40 Bergbaue in Betrieb, die mit 712 Arbeitern etwa 36000 Tonnen Kohle förderten.. 1888 waren es nur noch 24 Unternehmen, sie förderten mit 316 Arbeitern jährlich 436000 Tonnen. Insgesamt war im Revier eine Steigerung der Kohlenförderung von 100000 Tonnen im Jahre 1860 auf 2,5 Millionen Tonnen am Ende des 19. Jahrhunderts zu verzeichnen.

Die fortschreitende Industrialisierung war mit einer starken Bevölkerungszunahme verbunden. Böhmen hatte 1850 4,4 Millionen Bewohner, im Jahre 1900 waren es schon 6,3 Millionen; die Bevölkerungsdichte betrug im Falkenauer Gebiet 192 Einwohner/Quadratkilometer. Durch die industrielle Entwicklung entstanden auch große Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur. Die Schicht der Industriearbeiter bildete sich heraus. Es kam zu Streiks und Demonstrationen im Revier. 1889 brach ein Streik in Belgien aus, und auch im Falkenauer Gebiet streikten 4000 Bergleute. Am 3. Mai 1894 wurden bei einem Streik in Zieditz drei Bergleute erschossen. Auch im Jahre 1900 kam es zu einem großen Streik.

 

Ende des 19.Jahrhunderts stellten die Mineralwerke ihren Berieb ein, nachdem die chemische ‚Industrie bessere Produktionsverfahren entwickelt hate. Bis 1852 hatte die Bergbehörde für das Revier ihren Sitz in St. Joachimsthal. Die Verleihungen erfolgten nach der Joachimsthaler Bergordnung des Grafen Schlick, die 1548 von Kaiser Ferdinand den I. als kaiserliche Bergordnung verkündet wordeen war. Danach wurden dem Finder bei Flözen eine Fundgrube, ein geviertes Feld von 42×14, das heißt 588 Quadratlachter, und das Anhangmaß verliehen. Ab 1790 wurden die Bestimmungen öfters abgeändert, und am 23.Mai 1854 erschjen das Allgemeine Österreichische Berggesetz das 1918 auch von der 1. Tschechoslowakischen Republik übernommen wurde. Für den Elbogener Kreis wurde 1850 in Schlaggenwald einBergkommissariat eingerichtet, es wurde 1859 wieder aufgehoben, als man mit der Neuorganisation 1859 in Elbogen eine Berghauptmannschaft für den Elbogener und Egerer Kreis einrichtete. 1871 erfolgte wieder eine Ändrerung, es entstanden ab 1871 ein Revierbergamt in Elbogen, ein Revierbergamt in Falkenau, die der  Berghauptmannschaft in Prag unterstellt waren. 1919 nach dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie, wurden beide Revierbergämter zu einem Revierbergamt in Karlsbad zusammengefaßt.

Das „Allgemeine Berggesetz“ von 1854 hatte eine freie Entfaltung des Unternehmertums ermöglicht, die Menge der geförderten Kohle und Beschäftigten nahm mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzte, zu. Mit dem Eisenbahnbau wurden für die Kohle neue Absatzmärkte in Bayern und Thüringe erschlossen. Die Unterreichenauer Gaskohle aus dem Agnesflöz wurde sogar bis nach Belgien, Frankeich und Italien verkauft.

Die Hauptkonkurrenz für die großen Starckschen Unternehmen war in den Jahren 1860 bis 1870 der „Wiener Kohlenindustrie-Verein“. Als nächstgrößere ;Gesellschaft folgte die »Elbogener Kohlenindustrie-Gewerkschaft “ , früher Springer und Oppenheimer, mit ihren Betrieben in Neusattl. Dann erst kam die alte »Radlersche Bergbaugesellschaft“ in Unterreichenau, ferner „Peters Erben“ mit Betrieben bei Zwodau und Lautebach. Die »Zieditz-Haberspirker Gewerkschaft« hatte sich aus Budiners Bergbaubetrieben entwickelt.

Die Jahresförderung stieg von 279000 Tonnen im Jahre 1870 auf 1882000 Tonnen im Jahre 1895.

 

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte unter dem Einfluß des Bankkapitals eine Konzentration des Bergbaubesitzes zu größeren Aktien- und Bergbaugesellschaften ein. Diese bestimmten dann mit ihren ausgedehnteren Schachtanlagen das Bild des Bergbaues in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In der östlichen Hälfte des Reviers entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenfalls ein reger Bergbaubetrieb. Im Hintergrund standen die schon damals blühenden Porzellanindustrien in Elbogen, Chodau, Altrohlau, Fischern, Dallwitz usw. Die wichtigsten Betriebe bzw. Zechen in der östlichen Revierhälfte waren:

  1. Die »Alte Katharinenzeche« in Grünlas: Diese Zeche wurde von Moritz Dünkelsbühler begründet.
  2. Die »Alte Annazeche« ( = »Bauernwerk«) in Grünlas.
  3. Die »Caroli- und Eugenie- Vizenzizeche« in Neusattl.
  4. Der »Hermannschacht« in Granesau: Er gehörte zur Elbogener Porzellanfabrik, die 1871 aus dem Besitz Haidingers in den Besitz von Springer und Oppenheimer bzw. Springer & Co. überging.
  5. Der »Helenenschacht« in Neusattl.
  6. Der »Union-I-Schacht« des »Kohlenindu- strievereins« in Neusattl.
  7. Die » Vinzenzizeche« der Firma Starck in Granesau (»Starckenwerk«): Dieser Schacht ge- hörte zu den bedeutenderen Betrieben.
  8. Die »Prokopizeche« in Neusattl: Sie gehörte Karl Radler bzw. der »Mariengewerkschaft«.
  9. Die »Johannizeche« in Wintersgrün: Sie gehörte Göldner und Reichelt und wurde 1871 in Betrieb genommen.
  10. Die »Alte Dreifaltigkeitszeche« in Littmitz.
  11. Die »Johann-Sebastian-Zeche« bei Chodau ( = »Reverterazeche« oder »Friedrich-Schacht«, im Volksmund »Falkoni« genannt): Sie wurde von Johann Schlosser aus Platten erschlossen und ging später in den Besitz des Porges Edlen von Portheim über, der 1842 die Chodauer Porzellanfabrik erworben hatte. Später kam diese Zeche an die Bergbaugesellschaft »Falkonia«, 1873 an den » Wiener Kohlenindustrieverein«.
  12. Die »Anton-de-Padua-Zeche« ( = »Antoni- Schacht«) der Firma Starck bei Münchhof.
  13. Die »Norberti-Gewerkschaft« in Münchhof: 1857 entstanden durch die Kinder von Michl Stief1, der 1832 die ersten Schürfungen durchführte; 1883 wurden sämtliche Kuxen dieser Gewerkschaft von der Firma »Johann David Starck« aufgekauft.
  14. Der »Richardschacht« bei Chodau: Er entstand aus der 1886 geteufteri »josefizeche«, die 1894 von der »Montan« gekauft wurde.

 

15. Der „Carolischacht« bei Chodau, Richtung Poschetzau: 1852 bis 1858 ließ sich Heinrich Freiherr von Kleist

Grubenmaße verleihen. 1892 wurde dann mit der Abteufung des »Carolischachtes« begonnen.

In der Mulde von Janessen- Taschwitz, in Richtung gegen Karlsbad, war das Josefiflöz sehr gestört gelagert.

In der Ottowitzer Mulde findet sich nur die jüngere Antonikohle, die nur einen lokalen Absatz hatte.

Deshalb  konnten sich hier nur kleine Kohlenzechen ohne Bahnanschluß entwickeln.

 

  1. Die »Andreas-Antoni-Zeche« bei Taschwitz: Sie gehörte der »Andreas-Antoni-Gewerkschaft« und war

Mitte der 1870er Jahre durch eine Seilbahn mit der Porzellanfabrik in Aich verbunden.

 

17. Die » Wilhelminenzeche« bei Roßnitz und Schankau: Sie wurde seit 1850 betrieben.

 

18. Die »Wenzelzeche« bei Roßnitz.

 

19. Die »Ellazeche« bei Roßnitz.

 

20. Die »Katharinazeche« bei Schankau.

 

21. Die »Dreikönigszeche« des E. Mader bei Ottowitz.

 

22. Die »Johannizeche« des E. Gottl bei Ottowitz.

 

23. Der »Josefischacht« beim Dallwitzer Bahnhof: Er förderte ab 1889.

 

24. Die »Heinrich-jakobi-Zeche« der Dallwit- zer Porzellanfabrik bei Dallwitz: in Betrieb seit 1859.

 

25. Die »Glückaufzeche« bei Hohendorf.

 

26. Der »Annaschacht« bei Dallwitz.

Zu den aufgeführten Gruben kamen noch weitere Kleinzechen, vor allem im Karlsbader Gebiet.

 

 

 

 

 

 

 

 

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Bergbau von 1800-1850

DER KOHLENBERGBAU IN DER ZEIT VON 1800-1850

 

Versetzen wir uns an den Beginn des 19. Jahrhunderts zurück: Die technischen Möglichkeiten im Bergbau waren beschränkt. Es gab noch keine Dampfmaschinen (im Ruhrbergbau wurde die erste Dampfmaschine im Jahre 1816 eingesetzt), noch keine Eisenbahn (in Deutschland fuhr die erste Eisenbahn 1835 von Nürnberg nach Fürth) und noch keine Elektrizität (1829 wurde die Glühlampe erfunden, 1834 der Elektromotor). Durch den Falkenauer Raum führte außerdem nur eine alte Poststraße von Prag nach Eger.

Anfänglich beschränkte sich der Bergbau im Falkenauer Becken auf die Gewinnung des Pyrits, der das Josefiflöz begleitete und in sogenannten »Mineralwerken« verarbeitet wurde. Die Entwicklung dieser Mineralwerke erfolgte im wesentlichen durch die Initiative von Johann David Starck, geboren am 1. Mai 1770 in Graslitz. Schon sein Vater betrieb ausgedehnte Geschäfte und beschäftigte zahlreiche Hausweber. Sein Sohn, ein früh selbständiger, tatkräftiger Mann voller Unternehmungsgeist, legte den Gewinn seines Schaffens in immer neuen Unter- nehmungen an und prägte mit seinem Namen auf Jahrzehnte die Entwicklung im Falkenauer Revier.

Die Mineralwerke hatten einen hohen Holzverbrauch und Johann David Starck versuchte nun für die Feuerung Mineralkohle zu verwenden. Im Jahre 1828 wurde in Altsattl die erste Dampfmaschine zur Wasserhebung aufgestellt, angeblich die erste in ganz Böhmen.

Nach und nach erwarb Starck die meisten Mineralwerke, es entstand ein früher Komplex der chemischen Industrie, der die Kohle nur als Brennstoff, nicht jedoch als Rohstoff verwendete.

Starck mußte zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit dem Erwerb der Kohlengruben in Altsattl, Littmitz und Unterreichenau auch die Zehentverpflichtung an den Grafen Nostitz übernehmen. Um diesen Zehent entstanden Streitigkeiten, die erst 1831 vom Berggericht in St. Joachimsthal entschieden wurden.. Nach einem Gubernialerlaß vom 3. Juni 1825 stand der Grundobrigkeit aus Betrieben, die dem Bergregal unterlagen, kein Zehent mehr zu.

Die politischen Verhältnisse nach den Napoleonischen Kriegen in der Zeit des Absolutismus unter Metternich waren der Entwicklung im Bergbau nicht förderlich. Der Anstoß zu einer Veränderung und damit zu einer weiteren Entfaltung des Bergbaues ging wieder von Frankreich aus, das heißt als Folge der Pariser Julirevolution von 1830.

Bereits 1813 war in Reichenau das Agnesflöz entdeckt worden. Erste Abbauversuche waren jedoch nicht von langer Dauer. Ab 1830 wird nun das Bestreben erkennbar, die Kohle für sich zu erschließen und zu verwerten und nicht nur als Feuerung in den Mineralwerken zu verwenden.

Johann David Starck kaufte 1833 und 1834 den zersplitterten Grubenbesitz bei Unterreichenau auf und errichtete 1835 zur Verwertung der Kohle eine Rußhütte (Ruß für Lackfarben und Druckerschwärze) in Reichenau.

Die Kohlen wurden im Tagebau gewonnen, die Grubenwässer erforderten den Einsatz von starken Wasserhebemaschinen: 1834 war es eine 12-PS-Dampfmaschine, 1840 eine mit 20 PS.

Johann David Starck, ein Pionier des Bergbaues im Falkenauer Raum, wurde für seine Verdienste um Industrie und Staat 1836 von Kaiser Ferdinand I. in den erblichen Adelsstand erhoben. Er starb 1841 und wurde in Altsattl, wo er seit 1818 seinen Wohnsitz hatte, begraben. Sein Sohn Johann Anton Edler von Starck hatte schon 1832 die Werksleitung übernommen und führte nach dem Tode des Vaters die Betriebe der Firma » Johann David Starck « weiter, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts eines der führenden Industrieunternehmen in Böhmen werden sollten. 1873 wird Johann Anton Edler von Starck in den Freiherrnstand erhoben und zum lebenslangen Mitglied des Herrenhauses im Österreichischen Reichsrat ernannt. Im ]ahre 1843 baute er in Reichenau ein Schloß, welches noch heute Sitz der Verwaltung und Leitung des gesamten Falkenauer Kohlenreviers ist. Johann Anton Freiherr von Starck starb 1883.

Zur weiteren Erschließung der Kohle in Unterreichenau wurde 1844 mit dem Bau des »Antoni-Erbstollens« zur Entwässerung der Grube begonnen. Für die damalige Zeit war dies ein großes Unternehmen, der Stollen war an einzelnen Stellen 1851 noch nicht abgeschlossen.

Während im Falkenauer Revier die Schwefelkiese und Alaunerden und deren Verarbeitung in den Mineralwerken den Kohlenbergbau einleiteten, war es im Elbogener und Karlsbader Gebiet das Kaolin ( = Porzellanerde) mit der darauf aufbauenden Porzellanindustrie (1710 Erfindung des Porzellans durch Böttcher in Meißen), die den Kohlenbergbau nach sich zog.

Die ersten Versuche zur Porzellan- und Steinguterzeugung in Böhmen datieren aus dem Jahre 1789. Franz Haberditzl aus Rabesgrün bei Schlaggenwald wollte mit Hilfe einer Gewerkschaft und eines Facharbeiters aus Thüringen eine Fabrikation aufziehen. Die Gewerkschaft löste sich jedoch 1793, nach dem Tode Haberditzls auf.

Erst dem Bergmeister Johann Georg Paulus aus Schlaggenwald, der 1792 den ersten Brennofen aufgestellt hatte, gelang es, eine lebensfähige Porzellanfabrik zu begründen. Später entstanden an anderen Orten weitere Fabriken, und gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren es insgesamt um die 20 Porzellanfabriken in diesem Raum.

Für die Entwicklung des Braunkohlenbergbaues war vor allem die Errichtung der Porzellanfabrik in Elbogen durch die Gebrüder Haidinger im Jahre 1815 von Bedeutung. Die Wahl des Standortes fiel auf Elbogen wegen der günsti- gen Verkehrslage an der Eger und an der Post-straße von Prag nach Bayern und ferner wegen der Nähe der Rohstoffe für das Porzellan (Kaolin, Tone, Feldspat, Quarz) und des Brennmaterials, der Grünlaser Glanzkohle. Diese Kohlensorte hatte einen besonders hohen Heizwert und wurde schon seit Ende des 18. Jahrhunderts ge- fördert. 1809 wird im Grünlasbachtal ein Erbstollen angeschlagen, der die Grube entwässern sollte. Auch in vielen anderen Orten dieses Raumes entwickelt sich nun der Bergbau durch verschiedene Gewerkschaften; vor allem sind es die Porzellanfabriken, die sich Grubenmaße sichern.

In den 1830er Jahren begann man auch mit dem Ausbau der Hauptstraßen im Revier: 1832 wurde die neue Straße von Karlsbad über El- bogen und Falkenau nach Eger gebaut, und 1833 die Post von Zwodau nach Falkenau verlegt-

Inder ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der Kohlenbergbau ein reiner Handbetrieb, da Dampfmaschinen zur Förderung noch nicht zur Verfügung standen und Wasserhebemaschinen sich nur große Unternehmen leisten konnten.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war die Bevölkerung Böhmens auf 4,4 Millionen Bewohner angestiegen. Dieser Bevölkerungszuwachs und der daraus entstandene größere Brennstoffbedarf war neben der Verwendung der Kohle in den Mineralwerken und Porzellanfabriken ein weiterer Zwang zur Entwicklung der Kohlenindustrie. Betrug die Revierförderung zu Beginn des 19. Jahrhunderts jährlich nur 2000 Tonnen, so stieg die Förderung nach den Koalitionskriegen und dem österreichischen Staatsbankrott von 1811 bzw. nach den Napoleonischen Kriegen auf rund 10000 Tonnen pro Jahr an. Durch die Zehentverpflichtung usw. war die Entwicklung jedoch immer noch gehemmt. Erst ab 1830 steigt die Fördermenge und erreicht 1845 fast 40000 Tonnen, im Jahre 1848 fällt sie wieder auf etwa 20000 Tonnen zurück.

Die Revolution von 1848.brachte dann eine Aufhebung der Bindungen aus den alten Untertänigkeitsverhältnissen des Feudalsystems, und es wurde der Weg frei für neue Initiativen.

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Chemische Fabrik

DIE CHEMISCHEN WERKE FALKENAU, KURZ »CHEMISCHE FALKENAU« GENANNT

Durch die Kriegseinwirkungen des Ersten Weltkrieges (1914 bis 1918) war die Versorgung der Landwirtschaft der alten Donaumonarchie und somit auch unserer engeren Heimat mit dem damals bestbekannten Stickstoffdünger, dem »Chilesalpeter«, vollkommen unterbunden. Der seinerzeit bestehende »Österreichische Verein für chemische und metallurgische Produktion« mit dem Sitz seiner Generaldirektion in Wien, dem neben der »Aussiger Chemischen« auch Bergreviere im Falkenauer Kohlenbecken gehörten, faßte daher den Plan, in Falkenau ein Kalk- stickstoffwerk zu erstellen, um diesem Übel abzuhelfen. In Österreich-Ungarn bestand bis dahin kein solches Werk. Lediglich in Deutschland waren einige wenige Kalkstickstoff-fabriken in Betrieb.

Das Projekt wurde in den Jahren 1916 bis 1918 verwirklicht und mit der Erzeugung des Kunstdüngers »Kalkstickstoff« auch gleich begonnen.

Nach Beendigung des Krieges (1918) und Zerschlagung der alten Donaumonarchie Österreich-Ungarn kamen nun die Chemischen Werke Aussig, Falkenau und Hruschau sowie der Georgschacht in Lanz an den neuen Staat, die erste Tschechoslowakei. Die Generaldirektion der neuen Firma »Verein für chemische und metallurgische Produktion« wurde nach Karlsbad verlegt, nachdem der alte »Österreichische Verein Wien« sich aufgelöst hatte.

Das Werk Falkenau bestand zunächst aus dem Karbidbetrieb, als dem Erzeuger des Grundstoffs »Kalzium-Karbid«, und dem Kalkstickstoffbetrieb, dessen Enderzeugnis eben das Düngemittel »Kalkstickstoff« war .

Neben diesen eigentlichen Fabrikationsstätten, beides rein elektrochemische Anlagen, waren eine Anzahl Hilfsbetriebe vonnöten, das heißt zu schaffen, die in der Folge kurzaufgeführt werden sollen:

 

a) das Kraftwerk zur Gewinnung des nötigen Stroms.

Da das Falkenauer Werk ausschließlich elektrochemische Betriebe umfaßte, mußte für die Erzeugung der großen Energiemenge ein eigenes Stromkraftwerk errichtet werden.

Es bestand aus dem Dampfhaus (Kesselhaus) mit zehn Dampfkesseln zur Dampferzeugung für die Turbinen. Der Betrieb erfolgte mit Braunkohle (Klarkohle) aus dem eigenen Georgschacht) von zwei weiteren Nachbarschächten und vom Bohemia- Tagebau der Britannia-Zeche. Die Beschickung der Kessel besorgte eine »Einmannbedienung« mittels einer über die Kesselbunker laufenden Seilbahn mit Hunten, die je nach Bedarf durch Abschlag zum Kippen gebracht wurden.

In späteren Jahren wurden im Zuge einer Kraftwerkserweiterung zwei weitere Großkessel mit je dreifacher Leistung der alten Kessel zugebaut. Beim Kesselhaus waren auch zwei je 94 Meter hohe Fabrikkamine errichtet, um die Abgase möglichst hoch aus dem Egertal abzuführen.

Neben dem Kesselhaus stand nun die eigentliche Kraftzentrale, das Turbinenhaus, mit zwei Dampfturbinen von je 5000 kWh Leistung und den Generatoren. Auch hier wurde bei der späteren Kraftwerkserweiterung noch eine Dampfturbine von 10000 kWh Leistung zugebaut.

Zum Kraftwerk gehörten ferner zwei große Kühltürme, deren Leistung durch Umbau bei der später erfolgten Vergrößerung des Kraftwerkes auf das Doppelte erhöht wurde. Aus Sicherheitsgründen im Falle einer Störung und wegen des Stromausgleichs während der Tages- und Nachtschichten war das Werk auch mit den Nachbarzentralen wie Unterreichenau, Neusattl, Asch und anderen leitungsmäßig verbunden. Besonders für. die Zubringung und Lagerung der nötigen Menge Heizmaterial (Kohle) für die Kessel mußte Sorge getragen werden. Es wurde zusätzlich ein eigener Bunker für die »Chemische« gebaut, in dem die Klarkohle des Georgschachtes und der vorerwähnten Nachbarzechen deponiert wurde. Die Kohle aus den beiden Nachbarzechen wurde per Achse zu diesem Bunker gebracht. Vom Bunker führte eine Hunte-Seilbahn über die Eger in die »Chemische«, wo die Kohle teils gleich, wie schon gesagt, über der Kesselanlage gekippt, teils auf einem Kohlenlager hinter dem Dampfhaus gestapelt wurde. Auch die mittels Kleinbahn vom Bohemia- Tagebau ins Werk gebrachte Kohle wurde hier deponiert.

b) Aufbereitung der Rohstoffe Kalk und Kos für die Karbiderzeugung.

Der Rohstoff Kalk (Kalziumoxyd) wurde teils im eigenen Kalkofen aus Kalkstein gebrannt, zum Großteil aber aus Kalkwerken bei Beraun, südwestlich von Prag, wegen seiner besonderen Reinheit als gebrannter Kalk bezogen.

Der Koks (bester Steinkohlenkoks) stammte meist aus dem Zwickauer Revier .

Beides (Kalk und Koks) wurde per Eisenbahn ins Werk gebracht und in großen Hallen gelagert.

 

Neben dem Kalkofen stand nun die Aufbereitungsanlage. Dort wurde mittels Brechern sowohl Kalk als auch Koks in ca. drei bis vier Zentimeter im Durchmesser große Stücke gebrochen, nach Gewicht laut Vorschrift gemischt und dann mit Loren auf die Bühne über den Karbidöfen gefahren.

 

c) Stickstoffanlage zur Gewinnung reinen Stickstoffs als Gas.

Als besonderer Nebenbetrieb muß nun die Anlage zur Gewinnung reinen Stickstoffs aus der Luft genannt werden.

Ursprünglich wurde das Gas nach einem Spezialverfahren, dem Frank-Caro-Verfahren, aus der Luft gewonnen. Anfangs der 30er Jahre wurde der Betrieb aber auf das neue Linde-Verfahren umgestellt. Bei dieser Methode wird durch fraktionierte Destillation von durch Abkühlung verflüssigter Luft, wobei der Stickstoff bereits wieder vergast, während der Sauerstoff noch flüssig ist, die Trennung des Gasgemisches Luft in Sauerstoff und Stickstoff vorgenommen.

Der Stickstoff wurde in die Kalkstickstoffanlage geleitet; der anfallende Sauerstoff (als reines Gas) wurde in Stahlflaschen abgefüllt und in den Handel gebracht.

Nun sollen aber die eigentlichen Hauptfabrikationen Karbid und Kalkstickstoff näher erläutert werden:

 

KARBIDERZEUGUNG !

Wie schon vorher kurz vermerkt, wird Karbid ! (Kalziumkarbid) durch Verschmelzen von Kal-ziumoxyd (gebrannter Kalk) mit Koks (Kohlenstoff) im elektrischen Lichtbogen bei 1400 °C im offenen Karbidofen erzeugt. Der Ofen selbst ist eine oben offene, aus Schamottesteinen gemauerte Wanne,. die außen durch eine Eisenkonstruktion gesichert ist. Über zwei Elektroden, dem inneren Bodenbelag und einer Tauchelektrode, wurde in einem Lichtbogen bei 1400°C die Verschmelzung der beiden Rohstoffe, Kalk und Koks, zu Kalziumkarbid vorgenommen und als flüssige Masse von Zeit zu Zeit in gußeiserne Mulden abgestochen und in der Kühlhalle erkalten gelassen.

Das auf der Bühne oberhalb der Öfen gelagerte Rohmaterial (Kalk- und Koksgemisch) wurde laufend, dem Bedarf entsprechend, von oben dem Ofen zugesetzt.

In der an die Kühlhalle anschließenden Karbidbrechanlage wurde der erkaltete Karbidblock zerkleinert und entweder als Verkaufsware in den Handel gebracht oder an den Kalkstickstoffbetrieb zur Weiterverarbeitung übergeben.

So war seinerzeit die Eisenbahn einer der Karbid-Hauptabnehmer, ferner der gesamte Bergbau, auch ein Teil der Bevölkerung, denn Karbidlampen waren sehr im Gebrauch. Auch Azetylen als Schweißgas war damals gang und gäbe.

So wurde auch im Werk selbst Azetylengas erzeugt und später auch in gereinigter Form als Dissousgas, in Flaschen abgefüllt, in den Handel gebracht.

Das zur Weiterverarbeitung auf Kalkstickstoff bestimmte Karbid wurde in einer im Kalkstickstoffgebäude selbst aufgestellten Karbidmühle zu feinstem Pulver gemahlen, um dann in die sogenannten Azotiertrommeln abgefüllt zu werden.

Da durch die Entwicklung der Technik der Bedarf an Rohkarbid zurückging (siehe Umstellung der Beleuchtungstechnik im Bergbau, bei der Bahn, in Industrie und Gewerbe selbst, von Azetylen auf Elektrizität), war es möglich, den einen oder anderen Karbidofen für weitere Schmelzprodukte zu verwenden.

So wurden vor allem für die Veredlung von Eisen (nicht rostende Stähle und ähnliches) und für Metallegierungen derartige Schmelzprodukte wie Ferro-Silizium, Ferro-Chrom, Ferro-Mangan und andere gebraucht. Eine Produktionserweiterung des Werkes in den 30er Jahren war somit gegeben.

Auch neben dem Karbidofenhaus war zwecks besseren Abzugs der Rauchgase aus dem Egertal en 95 Meter hoher Fabrikschornstein errichtet;.

KALKSTICKSTOFFBETRIEB

Die mit dem fein gemahlenen Kalziumkarbid gefüllten Azotiertrommeln wurden in der Ofenhalle in die dort aufgestellten Azotieröfen eingesetzt. Dies waren eiserne Zylinder von etwa 80 Zentimeter Durchmesser und zwei Meter Höhe; die Bodenplatte war als der eine Pol, der Deckel mit einer Stabelektrode als Gegenpol ausgebildet. Durch Erhitzen im Stromkreis wurde das Karbid durchglüht und das vom Boden in den Ofen geleitete Stickstoffgas chemisch gebunden, das heißt aus Kalzium, Karbid und Stickstoff wurde Kalzium-Zyanamid, also Kalkstickstoff, der als steinharter Block anfiel. Durch Brechen und Mahlen erhielt man nun das Düngemittel Kalkstickstoff als feines Pulver, das in einer großen Halle, der Kalkstickstoff-Lagerhalle, gestapelt wurde. Da der Dünger von der Landwirtschaft hauptsächlich nur in den beiden Hauptbauzeiten, im Frühjahr und im Herbst, gebraucht wurde, lagerte man den laufend das ganze Jahr über erzeugten Kalkstickstoff mittels eines Conveyers in der Lagerhalle ein, um ihn dann zur Saatzeit mit diesem Laufband wieder zurückzuholen, abzupacken und in Eisenbahnwaggons für den Versand zu verladen. Später wurde ein Teil des Kalkstickstoffs durch besondere Bearbeitung auch in granulierter Form erzeugt. Er fand unter der Bezeichnung „Granazot“ vor allem als Kopfdünger für Saaten in der Landwirtschaft Verwendung. Irn Herbst 1930 übersiedelte nun die Generaldirektion der „Chemischen“ von Karlsbad nach Aussig, und zwar in ein in diesem Jahre eigens für sie errichtetes dreizehnstöckiges Hochhaus. Durch Austausch von Aktien des „Vereins für chemische und metallurgische Produktion“ aus dem Besitz der Wiener Bodenkreditbank mit anderen Aktionären bzw. Geldinstituten, vor allemder Prager Zivno-Bank, nahm der tschechische Besitzanteil sehr zu. So wurde sogar der seinerzeitige Direktor der Zivno-Bank Prag später als Generaldirektor der »Chemischen« berufen. Durch die günstige Lage des Werkes »Chemische Falkenau« im Falkenauer Kohlenbecken und der Möglichkeit der Stromerzeugung im eigenen Kraftwerk kam es in der Folge zur Errichtung weiterer elektrochemischer Betriebe im Werk. Es kam zum Bau einer Perborat-Boraxanlage und dem Betrieb für Calciumformiat-Ameisensäure, dessen Erzeugnis vor allem in der Textilfabrikation Verwendung fand. Ferner wurde die Herstellung von Wasserstoffsuperoxyd aufgenommen. Weiterhin kam es noch zur Errichtung einer Anlage für Natrium- und Kaliumchlorat, wohl der feuergefährlichste Betrieb des ganzen Werkes, dessen Produkt in der Zündholzfabrikation verwendet wurde. Das ganze Werk »Chemische Falkenau« lag am rechten Egerufer zwischen der Stadt Falkenau und dem Ort Königswerth, vollkommen eben auf Kote 400,00 über Meeresspiegel. Durch eine eigene Werksbahn mit entsprechenden Gleisanlagen zu den Betrieben war die Fabrik mit dem Bahnhof Falkenau verbunden. Die Bahn überquerte die Eger über eine zwölffeldrige Eisenbrücke, die vom Ersten Weltkrieg her aus Polen stammte.

 

Die Schienenoberkante der Eisenbahngleise, die Straßenkronen sowie auch sämtliche Erdgeschoß Fußböden in den Betrieben lagen zwölf Zentimeter über Kote 400,00 über Meeresspiegel.

Zu den weiteren Einrichtungen im Werk gehören eine eigene Bauwerkstätte mit Zimmerei, Schreinerei und Sägewerk mit zwei Gattern, eine eigene Schlosserei und eine Elektrowerkstätte. Das Werk verfügte außerdem über eine Abwasserkläranlage an der Eger.

Zur Unterbringung eines Teiles der Beamten und Angestellten in der Nähe des Werkes sowie auch eines Teiles der Belegschaft selbst gehören zum Werk auch eine Anzahl Wohngebäude. Auch wurde vom Werk die Errichtung einer Wohnsiedlung hinter den Werksvillen an der EIbogener Straße, zum Ort Teschwitz gehörend, gefördert.

Nach dem Anschluß des Sudetenlandes an Deutschland im Jahre 1938 wurden die beiden Werke Aussig und Falkenau zur Hälfte in den Besitz der »IG..Farbwerke, Leverkusen« und der Chemischen Fabrik Haiden, Radebeul übernommen und unter der neuen Firma „Chemische Werke Aussig-Falkenau, GmbH“ weitergeführt.

Aus „Aus dem Egerland Falkenau Stadt und Land“ von Hugo Teisinger

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